Lernziel

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Ein Lernziel ist die Erwartung an ein bestimmtes Lernergebnis, das Lernende bezogen auf eine bestimmte Lerneinheit oder einen Lernabschnitt erreichen sollen.

Sinn von Prüfungen ist es festzustellen, ob oder wie stark ein Lernziel (bisher) erreicht wurde. Voraussetzung dafür ist, dass Lehrende solche Lernziele vorab klar spezifizieren. Dazu lassen sich Lernzieltaxonomien nutzen bspw. von Miller, Bloom, Anderson & Krathwool. Sind Lernziele spezifiziert, können Lehrende in einem zweiten Schritt auf ihrer Grundlage leichter passende Aufgaben erstellen, mit denen sich das Erreichen dieser Ziele überprüfen lässt.

Lernzieltaxonomien

Miller

Professionalisierungebenen in Anlehnung an Miller[1]

Miller[1] hat zu dem Zweck verschiedene Ebenen der Professionalisierung identifiziert und diesen - je nach Praxisnähe - jeweils unterschiedliche Verfahren zur Leistungsmessung zugeordnet.

  • Knowledge (Wissen): Grundlage der Professionalisierung ist das Wissen um Fakten und Konzepte. Um deren Verständnis abzufragen, verwenden zugehörige Messungen z.B. Multiple-Choice-Aufgaben. Ein Beispiel ist das Konzept „Rechts vor Links“, dessen Grundlagen bei der Führerscheinprüfung behandelt werden.
  • Competence (Problemlösung): Im darauf aufbauenden Schritt kann ein Lernender das vorhandene Faktenwissen zur Problemlösung einsetzen. In diesem Fall sind situationsbezogene Prüfungen oder Fallbeispiele sinnvoll, die eine angemessene Anwendung bereits gelernter Fakten überprüfen können. Beispiel aus der Führerscheinprüfung ist die Darstellung einer Verkehrssituation mit der Frage, was in diesem Fall zu tun ist.
  • Performance (Fertigkeiten): Die folgende Ebene umfasst praktische Fertigkeiten eines Lernenden; sie verlässt den reinen Erkenntnisbereich und bezieht sich auf erlerntes Verhalten. Hier geht es darum, Handlungsweisen nicht nur zu beschreiben oder verstanden zu haben, sondern diese gezielt erbringen zu können. Möglichkeiten, um das elektronisch zu überprüfen, bieten z.B. virtuelle Labore oder Simulatoren. So könnte man bei der Führerscheinprüfung z.B. einen Fahrsimulator einsetzen, um die Fahrtüchtigkeit der Prüflinge zu erproben..
  • Action (Können): Als Experte wendet der Lernende schließlich Wissen, Problemlösekompetenz und Fertigkeiten in der Praxis an. Durch Beobachtung und Aufzeichnung kann dieses Verhalten bestimmt und analysiert werden. Beispiele sind Fahrtenschreiber in Fahrzeugen, Black Boxes in Flugzeugen oder die Videoanalyse von Bewegungsabläufen bei Sportlern, um Optimierungspotential aufzudecken.

Bloom

Bloom[2] unterschied verschiedene Klassen von Lernzielen:

Kognitive Ziele Affektive Ziele Psychomotorische Ziele
  • Wissen
  • Verstehen
  • Anwenden
  • Analyse
  • Synthese
  • Evaluation
  • Aufmerksamwerden
  • Beachten
  • Reagieren
  • Werten
  • Strukturierter Aufbau eines Wertesystems
  • Erfüllt sein durch einen Wert oder eine Wertstruktur
  • Imitation
  • Manipulation
  • Präzision
  • Handlungsgliederung
  • Naturalisierung

Diese Klassen beschreiben einfache theoretische bis hin zu komplexen praktischen Fertigkeiten. Abhängig davon, wie theorie- oder praxisnah die zu überprüfenden Fertigkeiten sind, ist ein jeweils unterschiedlicher Einsatz elektronischer Leistungsmessung denkbar.

Anderson & Krathwool

Model of Learning Objectives (Quelle: Rex Heer, Download als PDF)

Damit sie Lernziele besser einordnen können, haben Anderson & Krathwool[3] das Grundmodell von Bloom erweitert und eine eigene Taxonomie beschrieben. Diese bezieht neben den verschiedenen Wissensdimensionen auch Schritte des kognitiven Prozesses ein.

Die Abbildung auf der rechten Seite zeigt eine beispielhafte Ausprägung dieses Modells nach Rex Heer[4], weitere Informationen dazu finden sich im Handout der ISU. Die darin angegebenen Lernziele bestehen beispielhaft jeweils aus Verb und Objekt, wobei das Verb den kognitiven Prozess und das Objekt das Wissen beschreibt, das konstruiert bzw. erlernt werden soll. Eine ausführliche Beschreibung verschiedener Taxonomien mit Beispielen und Einsatzideen für den Unterricht findet sich auch bei Peter Baumgartner[5].

Die nachfolgende Tabelle listet noch einmal die Dimensionen nach Anderson & Krathwool auf.

Dimension des Wissens Dimension des kognitiven Prozesses
1. Erinnern
  • Wiedererkennen
  • Entsinnen, Abrufen
2. Verstehen
  • Interpretieren
  • Exemplifizieren
  • Klassifizieren
  • Zusammenfassen
  • Erschließen, Ableiten
  • Vergleichen
  • Erklären
3. Anwenden
  • Ausführen
  • Implementieren, Anwenden, Durchführen
4. Analysieren
  • Differenzieren
  • Organisieren
  • Zuschreiben, Zuordnen
5. Bewerten (Evaluieren)
  • Prüfen
  • Kritisieren
6. Erzeugen
  • Generieren
  • Planen
  • Produzieren
A. Faktenwissen
  • Begriffliches Wissen
  • Wissen über spezifische Details und Elemente
A.1 A.2 A.3 A.4 A.5 A.6
B. Konzeptionelles Wissen
  • Wissen über Klassifikationen und Kategorien
  • Wissen über Prinzipien und Verallgemeinerungen
  • Wissen über Theorien, Modelle und Strukturen
B.1 B.2 B.3 B.4 B.5 B.6
C. Prozedurales Wissen
  • Wissen über themenspezifische Fertigkeiten und Algorithmen
  • Wissen über themenspezifische Techniken und Methoden
  • Wissen über Kriterien zur Bestimmung und Nutzung geeigneter Verfahren
C.1 C.2 C.3 C.4 C.5 C.6
D. Meta-kognitives Wissen
  • Strategisches Wissen
  • Wissen über kognitive Aufgaben, inkl. geeignetes kontextuelles und abhängiges Wissen
  • Selbst-Wissen
D.1 D.2 D.3 D.4 D.5 D.6

Lernziele und Aufgabentypen

Stehen Lernziele erst einmal fest, können im nächsten Schritt passende Aufgaben dabei helfen, das Erreichen der Ziele zu überprüfen. Mayer, Hertnagel & Weber[6] haben zu dem Zweck ein Modell zur computergestützten Lernzielüberprüfung entworfen. Dieses Computer Supported Evaluation of Learning Goals (CELG) Modell ist stark an die Taxonomie von Anderson & Krathwool[3] angelehnt. Um die Auswahl von Aufgabentypen zu vereinfachen, ordnet es den jeweiligen Kategorien passende Aufgabentypen zu.

Dimension des Wissens Dimension des kognitiven Prozesses
Reproduzieren Verstehen/Anwenden Reflektieren/Evaluieren Erschaffen
Faktenwissen

1) Ja/Nein
2) Single Choice
3) Multiple Choice
4) Markierungen
5) Reihenfolgen
6) Zuordnung
7) Kreuzworträtsel
8) Lückentext

3 -- 8
9) Freier Text
10) Simulationen
11) Intelligente Rückmeldung

3 -- 6
9 -- 11

9 -- 11
Konzeptwissen 1 -- 8 3 -- 11

3 -- 6
9 -- 11

9 -- 11
Prozedurales Wissen 3 -- 8 3 -- 11

3 -- 6
9 -- 11

9 -- 11

Weitere Informationen zur Auswahl und Gestaltung passender Aufgaben finden sich u.a. im Vortrag von Volkhard Fischer (Folien als PDF), der sich mit der Verbesserung von Prüfungen mit elektronischen Eingabegeräten beschäftigt. Eine Aufzeichnung des Vortrags (sowie weitere) sind auf der Seite der N2E2-Fachtagung E-Prüfungen zu finden.

Weitere Informationen

Literatur

  1. 1,0 1,1 George E. Miller: The Assessment of Clinical Skills/Competence/Performance, in Academic Medicine, Ausgabe 65 (9), S. 63-67, 1990, Download als PDF (Abgerufen am 14.06.2010)
  2. Benjamin S. Bloom: Taxonomie von Lernzielen im kognitiven Bereich, 5. Auflage, Beltz Verlag, Weinheim, 1976
  3. 3,0 3,1 L.W. Anderson, D.R. Krathwohl, P.W. Airasian, K.A. Cruikshank, R.E. Mayer, P.R. Pintrich, J. Raths, M.C. Wittrock: A taxonomy for learning, teaching, and assessing: A revision of Bloom's Taxonomy of Educational Objectives, New York, Longman, 2001
  4. Model created by: Rex Heer Iowa State University, Center for Excellence in Learning and Teaching, Updated January, 2012, Licensed under a Creative Commons Attribution- NonCommercial-ShareAlike 3.0 Unported License. For additional resources, see: www.celt.iastate.edu/teaching/RevisedBlooms1.html
  5. Peter Baumgartner: Taxonomie von Unterrichtsmethoden - Ein Plädoyer für didaktische Vielfalt, ISBN: 978-3-8309-2546-0Waxmann Verlag, Münster, 2011
  6. Horst O. Mayer, Johannes Hertnagel, Heidi Weber: Lernzielüberprüfung im eLearning, ISBN: 3-486-58844-3, Oldenbourg Verlag, München/Wien, 2009