Formatives Assessment

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Version vom 20. Juli 2011, 08:57 Uhr von Schmees (Diskussion | Beiträge) (Motivierende Quizzes)
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Um einen möglichst großen Lernerfolg zu produzieren, ist der Lernprozess kontinuierlich an Erfordernisse der Lernenden anzupassen. Eine formative Prüfung begleitet das Lernen dazu als Zwischenmessung und versucht, das bereits erzielte Lernergebnis festzustellen. Mit ihrer Hilfe kann z.B. ermittelt werden, welche Themen oder Aspekte bereits verstanden wurden und wo noch Lücken oder Unsicherheiten bestehen. Damit erhalten Lehrende eine Grundlage, um den Lernprozess besser zu steuern: sie können ihre Lehre stärker auf die Lernenden ausrichten und dabei gleichzeitig das Zeitmanagement optimieren. Im Hochschulbereich begleiten formative Prüfungen die Lehrveranstaltungen vor allem in Form von Übungen oder Tutorien.

Vor- und Nachbereitung von Lehrveranstaltungen

Die Übergänge von Szenarien zur Vor- und Nachbereitung von Lehrveranstaltungen sind fließend, da einer Veranstaltung i.d.R. eine frühere Veranstaltung vorangegangen ist. Die Nachbereitung einer Veranstaltung kann also leicht mit der Vorbereitung für die folgende Veranstaltung, die Vorbereitung ebenso mit der Nachbereitung der früheren Veranstaltung gekoppelt werden.

Vorbereitung

Ein Lehrender kann bereits vorab Fragen und Aufgaben zu den Themen stellen, die in einer folgenden Lehrveranstaltung durch genommen werden sollen. Das hat zwei Effekte: auf der einen Seite bereiten sich die Studierenden auf diese Weise stärker als bisher auf die Veranstaltung vor und machen sich bereits mit den kommenden Themen vertraut. Auf der anderen Seite erhält der Lehrende die Rückmeldung, welche der Inhalte bereits bekannt sind und verkürzt behandelt werden können und welche unbekannt sind und daher ausführlicher angesprochen werden sollten. Dieses Szenario versucht vorhandenes Vorwissen zu identifizieren und kann damit zur Planung und Steuerung der folgenden Veranstaltungen eingesetzt werden. Indem der Lehrende auf die so ermittelten Anforderungen eingeht, optimiert er gleichzeitig sein Zeitmanagement im Hinblick auf ein zu erwartendes Lernergebnis.

Nachbereitung & E-Übungen

<video type="youtube2" id="jzq92bHIJms" width="500" desc="Elektronische Übungen/Prüfungen an der Hochschule Ostfalia"/> Bei der klassischen Kombination aus Vorlesung und Übung bearbeiten Studierende Übungsaufgaben, um Inhalte einer früheren Veranstaltung zu vertiefen und sich ggf. zur Teilnahme an einer abschließenden Klausur zu qualifizieren. Anhand der erzielten Ergebnisse erhalten die Lehrenden Feedback, welche Inhalte bereits verstanden wurden und welche in einer der folgenden Veranstaltungen noch einmal wiederholt oder vertieft werden sollten. Die Bearbeitung von Übungsaufgaben erfolgt dabei regelmäßig, i.d.R. als Nachbereitung einer vorausgehenden Lehrveranstaltung.

Auf diese Weise kann der Wissensstand der Studierenden jeweils individuell ermittelt und bewertet werden. Ein wesentlicher Vorteil elektronischer Übungsaufgaben ist das schnelle Feedback. Studierende erhalten direkt die Rückmeldung, welche Fragen sie richtig oder falsch beantwortet haben und können - falls Inhalte unklar bleiben - diese in der folgenden Veranstaltung ansprechen. Lehrende hingegen bekommen bereits vor ihrer Veranstaltung einen Überblick über die Ergebnisse und können entsprechend reagieren, d.h. nicht-verstandene Inhalte wiederholen oder vertiefen bzw. zu Folgethemen übergehen, wenn Inhalte schneller als erwartet verstanden wurden[1]. Bei "klassischen" Übungen hingegen vergehen i.d.R. ein bis zwei Wochen, bis Tutoren die Papier-basierten Abgaben kontrolliert, im Rahmen von Tutorien mit den Studierenden besprochen und die Lehrenden über die Ergebnisse informiert haben.

Durch den Einsatz elektronischer Verfahren kann man den Studierenden leichter als bisher die Möglichkeit einräumen, falsch gelöste Übungsaufgaben noch einmal zu bearbeiten (z.B. mit anderen Grundwerten) und so einen Teil der verloren gegangenen oder nicht erreichten Punkte zurückzugewinnen. Das motiviert Studierende stärker, sich ein zusätzliches Mal mit Inhalten zu beschäftigen, die sie zunächst nicht verstanden haben. Durch automatische Auswertung klappt dies sogar im Rahmen des normalen Übungszyklus. Bleibt dennoch etwas unklar, können die Studierenden diese Fragen zeit- und themennah in der folgenden Veranstaltung ansprechen. Das nebenstehende Video zeigt Einsatzmöglichkeiten dieses Szenarios.

Beispiele:

  • Testkomponente des LMS LON-CAPA im Bereich der MINT-Fächer an der Hochschule Ostfalia
  • CASUS-System zur fallbasierten Ausbildung von Tiermedizinern an der TiHo Hannover
  • EASy-Plattform im Informatikstudium an der WWU Münster [2]

Clicker & Audience Response Systems

Beispiel einer Abstimmungseinheit

Direkte Rückmeldungen aus dem Hörsaal sind eine konsequente Weiterentwicklung der im vorangehenden Abschnitt beschrieben elektronischen Übungsaufgaben. Sie ergeben sich aus der Anforderung, dass Lehrende bereits während einer Veranstaltung die Meinung der Studierenden einbeziehen oder Feedback zum Verständnis einholen möchten. Auf diese Weise können sie direkt reagieren und müssen nicht, wie im klassischen Übungsbetrieb üblich, auf die Auswertung von Übungsaufgaben und bis zur nächsten Veranstaltung warten.

Zu diesem Zweck ist es notwendig, den Hörsaal mit entsprechenden Feedback-Technologien wie den sog. "Clickern" (auch Audience oder Classroom Response Systems genannt) auszustatten. Im einfachsten Fall erhält jeder Sitzplatz eine Abstimmungseinheit, die z.B. wie bei der Fernsehsendung "Wer wird Millionär" verschiedene Auswahlmöglichkeiten bietet. Wer mobile Lösungen bevorzugt kann ein entsprechendes Set mitbringen und die einzelnen Einheiten vor der Lehrveranstaltung an die Studierenden austeilen. Der Lehrende gibt dann Aufgabe sowie mögliche Antworten vor und erhält die Zahl der abgegebenen Stimmen sowie das kumulierte Ergebnis auf einem Display. Studierende müssen auf diese Weise die Lehrveranstaltungen nicht nur passiv "konsumieren", sondern können sie aktiv mitgestalten.

Ein beispielhafter Prozess, um mit Hilfe dieser Geräte die gemeinsame Beschäftigung mit den Inhalten und darüber das gemeinsame Lernen anzuregen, kann z.B. folgendermaßen aussehen:

  • Lehrender stellt Frage (z.B. "Wie viele Bundesländer grenzen an Niedersachsen?")
  • 1. Abstimmung und Ergebnisse
  • Lehrender bittet Studierende, Antwort mit dem Nachbarn zu diskutieren
  • 2. Abstimmung und Ergebnisse
  • Auflösung des korrekten Ergebnisses ("9")

Ein Einsatz solcher Systeme wurde u.a. von [1] erprobt und beschrieben. Weitere Versuche, bei denen Studierende per Mobiltelefon über Bluetooth an einer Abstimmung teilnehmen konnten, die in eine Präsentation integriert war, wurden z.B. als Power Blue Classroom Quiz im Rahmen einer Vorlesung an der Uni Osnabrück vorgenommen. Weitere Beispiele für derartige Systeme sind:

Gemeinsames Lernen

Beispiel der Variation einer Aufgabe gleichen Typs

Um die Diskussion um Inhalte anzuregen ist es nötig, den unreflektierten Austausch von Ergebnissen auszuschließen. So lernen z.B. Studierende der MINT-Fächer insbesondere dann etwas, wenn sie sich über den Lösungsweg einer Aufgabe mit anderen austauschen (und nicht nur das Ergebnis weitergeben).

Dieses kann man durch das Bereitstellen von Übungsaufgaben unterstützen, die zwar den gleichen Grundtyp (und damit den gleichen diskutierbaren Lösungsweg), aber unterschiedliche und individuelle Grundwerte haben (siehe als Beispiel die Abb. rechts). Elektronische Unterstützung vereinfacht die Individualisierung entsprechender Aufgaben, die Vorgabe einer zugehörigen Berechnungsvorschrift macht zudem eine automatische Auswertung der individuellen Lösungen möglich.

Sobald Lernende z.B. im Rahmen des Übungsbetriebs diese individuellen Aufgaben erhalten, ist ein einfaches Austauschen von Ergebnissen mit anderen nicht möglich. Lernende sind auf diese Weise "gezwungen", sich mit den Inhalten und dem Lösungsweg der Aufgaben auseinander zu setzen. Denn diesen müssen sie verstehen, um ihn mit den eigenen Werten nachzuvollziehen und so auf die individuelle Lösung zu kommen. Das funktioniert insbesondere bei MINT-Fächern, da dort viele Berechnungsaufgaben vorkommen, deren Grundwerte z.B. per Zufall bestimmt werden können.

Systeme, die entsprechende Individualisierung unterstützen, sind:

  • LMS LON-CAPA, z.B. eingesetzt in den MINT-Fächern an der Hochschule Ostfalia

Confidence-based Marking

Beim Confidence-based Marking wird neben der Antwort auf eine gestellte Aufgabe auch das Zutrauen des Prüflings in die eigene Antwort abgefragt[4]. Dies erfolgt z.B. auf einer Skala, die von "unsicher/geraten" bis "sehr sicher" reicht. Auf diese Weise lässt sich auf das Verhältnis von Wissenslücken zu Fehlern im Lernprozess schließen. Denn eine falsche Antwort, die mehr oder weniger geraten wurde, hat eine andere Qualität, als wenn ein Prüfling von ihrer Korrektheit überzeugt ist. Während im ersten Fall der korrekte Sachverhalt noch nicht erlernt wurde, hat der Prüfling im zweiten Fall etwas Falsches gelernt - was auf Probleme im Lernprozess schließen lässt, der daraufhin zu analysieren und ggf. anzupassen ist.

Quizzes & Zwischentests

Motivierende Quizzes

Fragen zur Motivation und persönliche Einordnung am Beispiel To lie or not to lie?

Lehrende können Quizzes anbieten, die z.B. in Form kurzer, schnell zu bearbeitender Multiple-Choice-Tests wesentliche Inhalte einer vorangegangenen Veranstaltung aufgreifen. Quizzes sind i.d.R. freiwillig, teilnehmende Studierende bleiben anonym. Auf diese Weise werden zwei Dinge erreicht: auf der einen Seite können motivierte Lernende die besprochene Thematik noch einmal wiederholen, schnell überprüfen, ob sie wesentliche Inhalte verstanden haben und erhalten einen weiteren Ansatzpunkt zur Vertiefung. Auf der anderen Seite erhält ein Dozent durch die statistische Auswertung der Ergebnisse ein erstes und aufgrund der Anonymität und Freiwilligkeit ehrliches Feedback zum Verständnis bei den Lernenden.

Entsprechende Quizzes werden gerne angenommen, da sie motivierend wirken. Ein Feedback erfolgt unmittelbar im Anschluss, da korrekte Lösungen vorgegeben sind, die Auswertung der Antworten automatisiert erfolgt und keine Notenskala eingestellt werden muss. Zudem sind Quizzes für regelmäßige Veranstaltungen problemlos wiederverwendbar, da Kopieren oder Abschreiben der Fragen/Antworten aus vorangegangenen Semestern keinen Vorteil mit sich bringt – außer dass sich die Studierenden außerhalb der Veranstaltung noch einmal mit den Inhalten beschäftigen, was aber durch das Quiz gewünscht ist. Lehrende stellen den Studierenden mit solchen Quizzes einen zusätzlichen Kanal zur Aufnahme von Inhalten bereit, so dass diese den für sich sinnvollsten Kanal selbst aussuchen können.

Indem Fragen in zu vermittelnde Inhalte integriert werden, können sie die Aufmerksamkeit der Lernenden fesseln - diese also entsprechend motivieren, sich stärker mit den Inhalten auseinanderzusetzen. In gleicher Weise können sie helfen, Meinungen der Lernenden einzubeziehen, in den Lernkontext einzuordnen und entsprechend zu visualisieren. Beispiel dafür ist die Lerneinheit To lie or not to lie? der Open University (siehe Abb. rechts), die persönliche Einschätzungen den Philosophien von Kant, Bentham und Aristoteles gegenüberstellt.

Zwischentests in Selbstlerneinheiten

Ein Sonderfall sind reine E-Learning- oder Selbstlerneinheiten, die z.B. bei Fernuniversitäten oder im Blended Learning der klassischen Hochschullehre auftreten. Sie können helfen, Inhalte zu vertiefen oder bestimmte Teilaspekte aus Vorlesungen auszulagern. Ein Zusatzangebot mit E-Learning-Modulen hat insbesondere zwei Vorteile. Auf der einen Seite sprechen die Lehrenden damit einen weiteren Aufnahmekanal an und erhöhen somit die Wahrscheinlichkeit, dass Studierende die Inhalte verstehen. Auf der anderen Seite stehen Studierende beim Durcharbeiten nicht komplett alleine da, sondern werden durch die zugehörige Veranstaltungsreihe begleitet. Bei solchen Selbstlerneinheiten ist es sinnvoll, den Lernenden Feedback zu geben, welche Inhalte bereits verstanden bzw. erlernt wurden und wo noch Schwächen sind. Zu diesem Zweck können Zwischentests eingesetzt werden, die thematisch und didaktisch an einzelne Lerneinheiten gekoppelt sind und diese z.B. abschließen. So erscheint es sinnvoll, weiterführende Lerneinheiten erst bearbeiten zu lassen, wenn vorangehende Inhalte durchgearbeitet und verstanden wurden. Passende Zwischentests können also z.B. genutzt werden, um den Zugang zu folgenden Lerneinheiten freizuschalten. Neben den Studierenden erhalten zudem die Lehrenden bzw. Autoren der Lerneinheiten ein Feedback und können damit Problembereiche identifizieren, auf die dann z.B. im Rahmen einer begleitenden Veranstaltung verstärkt eingegangen werden muss oder die vertieft werden sollten.

Weitere Einsatzmöglichkeiten

Literaturnachweise

  1. 1,0 1,1 Gerd Kortemeyer, Peter Riegler: Large-Scale E-Assessments, Prüfungsvor- und -nachbereitung: Erfahrungen aus den USA und aus Deutschland, in: Andrea Back, Peter Baumgartner, Gabi Reinmann, Rolf Schulmeister (Hrsg.): zeitschrift für e-learning – lernkultur und bildungstechnologie, Themenheft E-Assessment, S. 8-22, Studienverlag, Innsbruck, 2010, Abstract
  2. Susanne Gruttmann, Herbert Kuchen: Computerunterstützter Übungsbetrieb im Informatikstudium - Prozessoptimierung durch E-Assessment-Systeme, in: Andrea Back, Peter Baumgartner, Gabi Reinmann, Rolf Schulmeister (Hrsg.): zeitschrift für e-learning – lernkultur und bildungstechnologie, Themenheft E-Assessment, S. 23-35, Studienverlag, Innsbruck, 2010, Abstract
  3. Jan P. Ehlers, D. Möbs, J.v.d. Esche, K. Blume, H. Bollwein, M. Halle: Einsatz von formativen, elektronischen Testsystemen in der Präsenzlehre , in: GMS Zeitschrift für Medizinische Ausbildung, 27(4), Doc. 59, Artikel im Volltext
  4. A.R. Gardner-Medwin, M. Gahan: Formative and Summative Confidence-Based Assessment, in: Proceedings of the 7th CAA Conference, S. 147-155, Loughborough University, Loughborough, 2003, Download als PDF (Abgerufen am 15.07.2010)

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