Formatives Assessment

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Eine formative Prüfung begleitet den Lernprozess als Zwischenmessung und versucht, das bereits erzielte Lernergebnis festzustellen. Mit ihrer Hilfe kann z.B. ermittelt werden, welche Themen oder Aspekte bereits verstanden wurden und wo noch Lücken oder Unsicherheiten bestehen. Sie ist damit eine Grundlage zur Steuerung des Lernprozesses. Lehrende können mit ihrer Hilfe feststellen, was sie als bekannt voraussetzen dürfen und verstärkt auf Bereiche eingehen, in denen noch Unsicherheiten bestehen. Auf diese Weise passen sie ihre Lehre stärker an Erfordernisse der Lernenden an und können gleichzeitig ihr Zeitmanagement optimieren. Im Hochschulbereich werden Lehrveranstaltungen häufig von formativen Prüfungen begleitet. Man findet sie vor allem als Übungen oder Tutorien.

Vor- und Nachbereitung von Lehrveranstaltungen

Die Übergänge von Szenarien zur Vor- und Nachbereitung von Lehrveranstaltungen sind fließend, da einer Veranstaltung i.d.R. eine frühere Veranstaltung vorangegangen ist. Die Nachbereitung einer Veranstaltung kann also leicht mit der Vorbereitung für die folgende Veranstaltung, die Vorbereitung ebenso mit der Nachbereitung der früheren Veranstaltung gekoppelt werden.

Vorbereitung

Ein Lehrender kann bereits vorab Fragen und Aufgaben zu den Themen stellen, die in einer folgenden Lehrveranstaltung durch genommen werden sollen. Das hat zwei Effekte: auf der einen Seite bereiten sich die Studierenden auf diese Weise stärker als bisher auf die Veranstaltung vor und machen sich bereits mit den kommenden Themen vertraut. Auf der anderen Seite erhält der Lehrende die Rückmeldung, welche der Inhalte bereits bekannt sind und verkürzt behandelt werden können und welche unbekannt sind und daher ausführlicher angesprochen werden sollten. Dieses Szenario versucht vorhandenes Vorwissen zu identifizieren und kann damit zur Planung und Steuerung der folgenden Veranstaltungen eingesetzt werden. Indem der Lehrende auf die so ermittelten Anforderungen eingeht, optimiert er gleichzeitig sein Zeitmanagement im Hinblick auf ein zu erwartendes Lernergebnis.

Nachbereitung & E-Übungen

<video type="youtube2" id="jzq92bHIJms" width="500" desc="Elektronische Übungen/Prüfungen an der Hochschule Ostfalia"/> Bei der klassischen Kombination aus Vorlesung und Übung bearbeiten Studierende Übungsaufgaben, um Inhalte einer früheren Veranstaltung zu vertiefen und sich ggf. zur Teilnahme an einer abschließenden Klausur zu qualifizieren. Anhand der erzielten Ergebnisse erhalten die Lehrenden Feedback, welche Inhalte bereits verstanden wurden und welche in einer der folgenden Veranstaltungen noch einmal wiederholt oder vertieft werden sollten. Die Bearbeitung von Übungsaufgaben erfolgt dabei regelmäßig, i.d.R. als Nachbereitung einer vorausgehenden Lehrveranstaltung.

Auf diese Weise kann der Wissensstand der Studierenden jeweils individuell ermittelt und bewertet werden. Ein wesentlicher Vorteil elektronischer Übungsaufgaben ist das schnelle Feedback. Studierende erhalten direkt die Rückmeldung, welche Fragen sie richtig oder falsch beantwortet haben und können - falls Inhalte unklar bleiben - diese in der folgenden Veranstaltung ansprechen. Lehrende hingegen bekommen bereits vor ihrer Veranstaltung einen Überblick über die Ergebnisse und können entsprechend reagieren, d.h. nicht-verstandene Inhalte wiederholen oder vertiefen bzw. zu Folgethemen übergehen, wenn Inhalte schneller als erwartet verstanden wurden[1]. Bei "klassischen" Übungen hingegen vergehen i.d.R. ein bis zwei Wochen, bis Tutoren die Papier-basierten Abgaben kontrolliert, im Rahmen von Tutorien mit den Studierenden besprochen und die Lehrenden über die Ergebnisse informiert haben.

Durch den Einsatz elektronischer Verfahren kann man den Studierenden leichter als bisher die Möglichkeit einräumen, falsch gelöste Übungsaufgaben noch einmal zu bearbeiten (z.B. mit anderen Grundwerten) und so einen Teil der verloren gegangenen oder nicht erreichten Punkte zurückzugewinnen. Das motiviert Studierende stärker, sich ein zusätzliches Mal mit Inhalten zu beschäftigen, die sie zunächst nicht verstanden haben. Durch automatische Auswertung klappt dies sogar im Rahmen des normalen Übungszyklus. Bleibt dennoch etwas unklar, können die Studierenden diese Fragen zeit- und themennah in der folgenden Veranstaltung ansprechen. Das nebenstehende Video zeigt Einsatzmöglichkeiten dieses Szenarios.

Beispiele:

  • Testkomponente des LMS LON-CAPA im Bereich der MINT-Fächer an der Hochschule Ostfalia
  • CASUS-System zur fallbasierten Ausbildung von Tiermedizinern an der TiHo Hannover
  • EASy-Plattform im Informatikstudium an der WWU Münster [2]

Clicker & Audience Response Systems

Beispiel einer Abstimmungseinheit

Direkte Rückmeldungen aus dem Hörsaal sind eine konsequente Weiterentwicklung der im vorangehenden Abschnitt beschrieben elektronischen Übungsaufgaben. Sie ergeben sich aus der Anforderung, dass Lehrende bereits während einer Veranstaltung Feedback zum Verständnis einholen möchten. Auf diese Weise können sie direkt reagieren und müssen nicht, wie im klassischen Übungsbetrieb üblich, auf die Auswertung von Übungsaufgaben und bis zur nächsten Veranstaltung warten. Zu diesem Zweck ist es notwendig, den Hörsaal mit entsprechenden Feedback-Technologien wie den sog. "Clickern" (auch Audience oder Classroom Response Systems genannt) auszustatten. Im einfachsten Fall erhält jeder Sitzplatz eine Abstimmungseinheit, die z.B. wie bei der Fernsehsendung "Wer wird Millionär" verschiedene Auswahlmöglichkeiten bietet. Wer mobile Lösungen bevorzugt kann ein entsprechendes Set mitbringen und die einzelnen Einheiten vor der Lehrveranstaltung an die Studierenden austeilen. Der Lehrende gibt dann Aufgabe sowie mögliche Antworten vor und erhält die Zahl der abgegebenen Stimmen sowie das kumulierte Ergebnis auf einem Display. Ein Einsatz solcher Systeme wurde u.a. von [1] erprobt und beschrieben. Weitere Versuche, bei denen Studierende per Mobiltelefon über Bluetooth an einer Abstimmung teilnehmen konnten, die in eine Präsentation integriert war, wurden z.B. als Power Blue Classroom Quiz im Rahmen einer Vorlesung an der Uni Osnabrück vorgenommen. Weitere Beispiele für derartige Systeme sind:

Gemeinsames Lernen

Beispiel der Variation einer Aufgabe gleichen Typs

Die Erfahrung zeigt, dass Studierende insbesondere dann etwas lernen, wenn sie sich über den Lösungsweg einer Aufgabe (und nicht nur deren Lösung) mit anderen Studierenden austauschen. Dieses Vorgehen kann man unterstützen, indem z.B. die in einer vorangehenden Veranstaltung behandelten Inhalte gemeinsam in Form von Übungsaufgaben nachbereitet werden müssen. Hier kann die gewünschte Diskussion gefördert und ein einfacher Austausch von Ergebnissen erschwert werden, indem jeder Studierende Aufgaben gleichen Typs erhält, deren Grundwerte sich aber individuell unterscheiden (siehe als Beispiel die Abb. rechts). Elektronische Unterstützung vereinfacht die Individualisierung entsprechender Aufgaben und durch Vorgabe einer zugehörigen Berechnungsvorschrift macht sie zudem eine effiziente automatische Auswertung der individuellen Lösungen möglich.

Sobald Lernende z.B. im Rahmen des Übungsbetriebs diese individuellen Aufgaben erhalten, ist ein einfaches Austauschen von Ergebnissen mit anderen nicht möglich. Lernende sind auf diese Weise "gezwungen", sich mit den Inhalten und dem Lösungsweg der Aufgaben auseinander zu setzen. Denn diesen müssen sie verstehen, um ihn mit den eigenen Werten nachzuvollziehen, um so auf die individuelle Lösung zu kommen. Das funktioniert insbesondere bei MINT-Fächern, da dort viele Berechnungsaufgaben vorkommen, deren Grundwerte z.B. per Zufall bestimmt werden können.

Systeme, die entsprechende Individualisierung unterstützen, sind:

  • LMS LON-CAPA, z.B. eingesetzt in den MINT-Fächern an der Hochschule Ostfalia

Quizzes & Zwischentests

Motivierende Quizzes

Fragen zur Motivation und persönliche Einordnung am Beispiel To lie or not to lie?

Lehrende können Quizzes anbieten, die z.B. in Form kurzer, schnell zu bearbeitender Multiple-Choice-Tests wesentliche Inhalte einer vorangegangenen Veranstaltung aufgreifen. Quizzes sind i.d.R. freiwillig, teilnehmende Studierende bleiben anonym. Auf diese Weise werden zwei Dinge erreicht: auf der einen Seite können motivierte Lernende die besprochene Thematik noch einmal wiederholen, schnell überprüfen, ob sie wesentliche Inhalte verstanden haben und erhalten einen weiteren Ansatzpunkt zur Vertiefung. Auf der anderen Seite erhält ein Dozent durch die statistische Auswertung der Ergebnisse ein erstes und aufgrund der Anonymität und Freiwilligkeit ehrliches Feedback zum Verständnis bei den Lernenden. Entsprechende Quizzes werden gerne angenommen, da sie motivierend wirken. Ein Feedback erfolgt unmittelbar im Anschluss, da korrekte Lösungen vorgegeben sind, die Auswertung der Antworten automatisiert erfolgt und keine Notenskala eingestellt werden muss. Zudem sind Quizzes für regelmäßige Veranstaltungen problemlos wiederverwendbar, da Kopieren oder Abschreiben der Fragen/Antworten aus vorangegangenen Semestern keinen Vorteil mit sich bringt – außer dass sich die Studierenden außerhalb der Veranstaltung noch einmal mit den Inhalten beschäftigen, was aber durch das Quiz gewünscht war. Mit Einsatz dieses Szenarios stellt ein Lehrender den Studierenden einen zusätzlichen elektronischen Kanal zur Aufnahme von Inhalten bereit, so dass diese den für sich sinnvollsten Kanal selbst aussuchen können.

Indem Fragen in zu vermittelnde Inhalte integriert werden, können sie die Aufmerksamkeit der Lernenden fesseln - diese also entsprechend motivieren, sich stärker mit den Inhalten auseinanderzusetzen. In gleicher Weise können sie helfen, Meinungen der Lernenden einzubeziehen, in den Lernkontext einzuordnen und entsprechend zu visualisieren. Beispiel dafür ist die Lerneinheit To lie or not to lie? der Open University (siehe Abb. rechts), die persönliche Einschätzungen den Philosophien von Kant, Bentham und Aristoteles gegenüberstellt.

Zwischentests in Selbstlerneinheiten

Ein Sonderfall sind reine E-Learning- oder Selbstlerneinheiten, die z.B. bei Fernuniversitäten oder im Blended Learning der klassischen Hochschullehre auftreten. Sie können helfen, Inhalte zu vertiefen oder bestimmte Teilaspekte aus Vorlesungen auszulagern. Ein Zusatzangebot mit E-Learning-Modulen hat insbesondere zwei Vorteile. Auf der einen Seite sprechen die Lehrenden damit einen weiteren Aufnahmekanal an und erhöhen somit die Wahrscheinlichkeit, dass Studierende die Inhalte verstehen. Auf der anderen Seite stehen Studierende beim Durcharbeiten nicht komplett alleine da, sondern werden durch die zugehörige Veranstaltungsreihe begleitet. Bei solchen Selbstlerneinheiten ist es sinnvoll, den Lernenden Feedback zu geben, welche Inhalte bereits verstanden bzw. erlernt wurden und wo noch Schwächen sind. Zu diesem Zweck können Zwischentests eingesetzt werden, die thematisch und didaktisch an einzelne Lerneinheiten gekoppelt sind und diese z.B. abschließen. So erscheint es sinnvoll, weiterführende Lerneinheiten erst bearbeiten zu lassen, wenn vorangehende Inhalte durchgearbeitet und verstanden wurden. Passende Zwischentests können also z.B. genutzt werden, um den Zugang zu folgenden Lerneinheiten freizuschalten. Neben den Studierenden erhalten zudem die Lehrenden bzw. Autoren der Lerneinheiten ein Feedback und können damit Problembereiche identifizieren, auf die dann z.B. im Rahmen einer begleitenden Veranstaltung verstärkt eingegangen werden muss oder die vertieft werden sollten.

Literaturnachweise

  1. 1,0 1,1 Gerd Kortemeyer, Peter Riegler: Large-Scale E-Assessments, Prüfungsvor- und -nachbereitung: Erfahrungen aus den USA und aus Deutschland, in: Andrea Back, Peter Baumgartner, Gabi Reinmann, Rolf Schulmeister (Hrsg.): zeitschrift für e-learning – lernkultur und bildungstechnologie, Themenheft E-Assessment, S. 8-22, Studienverlag, Innsbruck, 2010, Abstract
  2. Susanne Gruttmann, Herbert Kuchen: Computerunterstützter Übungsbetrieb im Informatikstudium - Prozessoptimierung durch E-Assessment-Systeme, in: Andrea Back, Peter Baumgartner, Gabi Reinmann, Rolf Schulmeister (Hrsg.): zeitschrift für e-learning – lernkultur und bildungstechnologie, Themenheft E-Assessment, S. 23-35, Studienverlag, Innsbruck, 2010, Abstract
  3. Jan P. Ehlers, D. Möbs, J.v.d. Esche, K. Blume, H. Bollwein, M. Halle: Einsatz von formativen, elektronischen Testsystemen in der Präsenzlehre , in: GMS Zeitschrift für Medizinische Ausbildung, 27(4), Doc. 59, Artikel im Volltext

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