Audience Response: Unterschied zwischen den Versionen

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(Ohne Hardware (z.B. auf Smartphones))
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Version vom 15. Januar 2013, 06:58 Uhr

Beschreibung

<video type="youtube2" id="pq9LV1Oj3gs" width="450" desc="Einsatz von Audience Response Systemen, Hochschule Ostfalia"/> Direkte Rückmeldungen aus dem Hörsaal sind eine konsequente Weiterentwicklung der elektronischen Übungsaufgaben. Sie ergeben sich aus der Anforderung, dass Lehrende bereits während einer Veranstaltung die Meinung der Studierenden einbeziehen oder Feedback zum Verständnis einholen möchten. Auf diese Weise können sie direkt reagieren und müssen nicht, wie im klassischen Übungsbetrieb üblich, auf die Auswertung von Übungsaufgaben und bis zur nächsten Veranstaltung warten.

Zu diesem Zweck ist es notwendig, den Hörsaal mit entsprechenden Feedback-Technologien wie den sog. "Clickern" (auch Audience oder Classroom Response Systeme genannt) auszustatten. Im einfachsten Fall erhält jeder Sitzplatz eine Abstimmungseinheit, die z.B. wie bei der Fernsehsendung "Wer wird Millionär" verschiedene Auswahlmöglichkeiten bietet. Wer mobile Lösungen bevorzugt kann ein entsprechendes Set mitbringen und die einzelnen Einheiten vor der Lehrveranstaltung an die Studierenden austeilen.

Der Lehrende gibt dann Aufgabe sowie mögliche Antworten vor und erhält die Zahl der abgegebenen Stimmen sowie das kumulierte Ergebnis auf einem Display. Studierende müssen auf diese Weise die Lehrveranstaltungen nicht nur passiv "konsumieren", sondern können sie aktiv mitgestalten. Ein Einsatz solcher Systeme wurde u.a. von [1] und [2] erprobt und beschrieben.

Ziele

  • Schnelles Feedback
  • Direkte Reaktion auf Antworten möglich
  • Aktivierung der Zuhörer

Organisation

Präsentation von Abstimmungsergebnissen, TU Braunschweig

Verschiedene Szenarien sind für eine aktivierende bzw. interaktive Lehre denkbar:

  • Veranstaltungssteuerung: In manchen Fächern, z.B. den Wirtschaftswissenschaften, existieren Probleme, für die es keine eindeutig richtige oder falsche Lösung gibt. Vielmehr stehen hier verschiedene Lösungswege zur Bewältigung gleichberechtigt nebeneinander. Die Studierenden können durch ihre Abstimmung im Hörsaal direkt signalisieren, welcher Weg im Rahmen der aktuellen Veranstaltung behandelt werden soll und tragen somit zur Veranstaltungssteuerung bei.
  • Geschwindigkeitsregulation: Bei reinen Vorlesungen ist es für Dozenten oft schwer einzuschätzen, ob die Studierenden noch folgen können, bereits abgehängt sind oder sich langweilen, weil es zu langsam vorangeht. Der Einsatz von ARS gestattet, eine Einschätzung der Studierenden zur Geschwindigkeit zu erheben, z.B. als "schneller", "weiter so" oder "langsamer". Ihr Meinungsbild fungiert damit wie eine Fernbedienung für die Veranstaltung, auf die sich der Lehrende einstellen kann. Voraussetzung ist allerdings eine entsprechende Anpassungsfähigkeit des Lehrenden und Lehrstoff, der sich verkürzt oder ausgedehnt darstellen lässt.
  • Reflexion der Inhalte: Wie beim Übungsbetrieb können Lehrende durch verschiedene Aufgaben herausfinden, welche Inhalte bereits verstanden wurden und wo Nachholbedarf besteht. Nachteil bei Übungen oder Tutorien ist, dass ihre Ergebnisse frühestens zur nächsten Veranstaltung zur Verfügung stehen. Wer nicht so lange warten will, kann bereits im Rahmen der Veranstaltung entsprechende Aufgaben stellen und erhält so die Möglichkeit, Verständnisprobleme direkt vor Ort (und mit dem zugehörigen Versuchsaufbau oder Foliensatz) zu beheben.
  • Peer Instruction: Ein weiteres Einsatzfeld von ARS ist die studentenzentrierte, interaktive Lehre. Bei Peer Instruction geht es statt des klassischen Informationstransfers vom Lehrenden zu den Studierenden darum, ihre Informationsaufnahme zu stärken. Mazur[3] beschreibt dieses Verfahren in folgenden Schritten:
  1. Lehrender stellt Frage zu Lehrinhalten (z.B. "Wie viele Bundesländer grenzen an Niedersachsen?")
  2. Studierende denken nach, bilden sich ihre Meinung
  3. Studierende stimmen individuell ab
  4. Lehrender prüft/präsentiert eingehende Antworten
  5. Studierende überzeugen Nachbarn von der eigenen Antwort und dem Gedankengang/Lösungsweg
  6. Erneute individuelle Abstimmung der Studierenden
  7. Lehrender überprüft/präsentiert Antworten und entscheidet, ob weitere Erklärungen nötig sind ("9")
Die Interaktion der Studierenden untereinander sorgt dabei für eine stärkere Beschäftigung mit den Inhalten.
  • Gruppenarbeit fördern: Lehrende setzen explizit nur ein Gerät pro Gruppe Studierender ein, um so die Diskussion innerhalb dieser Gruppen zu fördern (oder weil nur wenige Geräte zur Verfügung stehen). Auf diese Weise muss die Gruppe ein Thema erst diskutieren, bevor die Gruppenmeinung dann als Ergebnis über das Gerät übermittelt werden kann.
  • Gegenseitiges anonymes Bewerten: Studierende tun sich schwer damit, andere Studierende öffentlich schlecht zu bewerten. Das liegt zum einen daran, dass sie selbst eine positive Bewertung erwarten, zum anderen wollen sie die Erwartungen ihrer Kommilitonen erfüllen. So kann ein Lehrender z.B. im Rahmen eines Seminars ARS einsetzen, um studentische Präsentationen von anderen Studierenden bewerten zu lassen. Durch die gegebene Anonymität ist ihre Einschätzung objektiver als wenn sie sich öffentlich äußern müssten. Zudem steht der Lehrende auf diese Weise nicht als alleiniger Kritiker da.
  • Zur Ruhe bringen: Zu Beginn einer Lehrveranstaltung sind Studierende häufig unruhig, packen ihre Sachen aus, richten ihre Plätze ein, begrüßen sich untereinander, tauschen Neuigkeiten aus, gleichen Ergebnisse ab uvm. I.d.R. dauert es eine Weile, bis sie soweit zur Ruhe gekommen und konzentriert sind, dass Lehrende mit den wesentlichen Inhalten beginnen können. Indem Lehrende zu Beginn einer Veranstaltung eine Startfrage mit Hilfe der ARS stellen, können sie dies beschleunigen. Durch Konzentration auf die Frage, Beantwortung über die Geräte und in Erwartung des Ergebnisses tritt die erwünschte Ruhe nämlich quasi als "Nebeneffekt" ein.
  • Themenfreigabe durch Studierende: Möchten Lehrende ein Thema so lange und intensiv behandeln, bis ein Großteil der Studierenden dieses verstanden hat, können sie parallel zur Veranstaltung eine Abstimmung zum Verständnis starten. Über die Anzahl (und den Prozentsatz) der abgegebenen Stimmen können sie dann einschätzen, wie viele überzeugt sind, das Thema zu beherrschen, und wie viele noch nicht. Je nach Lehrziel kann das Thema dann so intensiv bearbeitet werden, bis genügend Studierende der Meinung sind, dass sie es hinreichend verstanden haben.
  • Demographischer Einfluss: Manche ARS gestatten vor der Befragung eine Erhebung demographischer Faktoren. Auf diese Weise ist eine Anzeige von Eingaben abhängig von diesen Daten möglich. Lehrende können die Antworten so deutlich einfacher und schneller z.B. nach Geschlecht oder Alter unterscheiden und sie in die Veranstaltung einzubauen, als es alternativ durch Auszählung machbar wäre.
  • Individuelle Aufgaben: Bei elektronischen Übungen wurde die Erfahrung gemacht, dass individualisierte Aufgaben eines gemeinsamen Typs das gemeinsame Lernen fördern, da sie einen Abgleich von Ergebnissen vermeiden. ARS können elektronische Übungen in den Hörsaal verlagern, ohne diesen komplett mit Rechnern ausstatten zu müssen. Bisher wurde das noch nicht realisiert - dennoch ist denkbar, dass ein Lehrender eine Aufgabe allgemein stellt, die Formel zur Berechnung in der Software hinterlegt und diese Software individuelle Grundwerte zur Berechnung an die Eingabegeräte versenden. Da bekannt ist, welche Eingabeeinheit welchen Wert erhalten hat, dürfte der Abgleich mit der korrekten Antwort realisierbar sein und dieses Szenario die Diskussion mit den Nachbarn um den Lösungsweg voranbringen.
  • Teilnehmerlisten: I.d.R. erfolgt eine Abstimmung über ARS anonymisiert, worauf die Studierenden sehr großen Wert legen. Dennoch ist eine Individualisierung technisch machbar. So teilen Hochschulen wie die Uni Ulm bereits bei der Immatrikulation Geräte aus, die die Studierenden ihr gesamtes Studium behalten. Eine Erfassung der Geräte-ID und Speicherung zusammen mit der Matrikelnummer würde die Individualisierung von Abstimmungen zumindest technisch ermöglichen. Auf diese Weise ist es z.B. denkbar, durch einfachen Klick zu Beginn einer Veranstaltung Anwesenheitslisten zu erstellen, ohne dafür Blätter austeilen oder einsammeln zu müssen.
  • Senat, Fakultäts-, Fachbereichsrat: Anonyme oder öffentliche Abstimmungen, wie sie in den Gremien der Hochschulen häufiger vorkommen, können ebenfalls elektronisch durchgeführt werden. Das spart Zeit beim Auszählen von Stimmen bzw. beim Abzählen von Handzeichen. Weil die Entscheidungen dieser Gremien i.d.R. Einfluss auf die Qualität der Ausbildung haben, trägt der Einsatz von ARS damit ebenfalls (indirekt) zur Verbesserung der Qualität bei.

Recht

Technik

ARS bestehen i.d.R. aus zwei Komponenten, nämlich eine Zieleinheit und mehrere Abstimmungseinheiten. Die Zieleinheit sendet Anfragen an die Abstimmungseinheiten, Empfängt deren Antworten und integriert diese in die Darstellung des Lehrenden. Die Abstimmungseinheiten hingegen befinden sich beim Publikum, registrieren deren Eingaben und übermitteln sie zur Zieleinheit. Je nachdem, ob ein ARS eigene Hardware mitbringen oder fremde Hardware (wie z.B. Smartphones der Studierenden, zentrale Server als Zieleinheit) verwenden soll, existieren unterschiedliche Lösungsansätze.

Ohne Hardware (z.B. auf Smartphones)

System (inkl. Produkttypen) Beschreibung Im Einsatz z.B. bei
ARSnova Open Source ARS
  • TH Mittelhessen
eduVote Verbreitete App für Smartphones

Abstimmen per Smartphone mit eduVote

  • Hochschule Bonn Rhein Sieg
  • TU Braunschweig
  • Uni Hannover
  • Uni Hohenheim
  • Hochschule München
  • Jadehochschule Wilhelmshaven
Peer Instruction for very large Groups (PINGO) Forschungsprojekt
  • Uni Paderborn
Power Blue Classroom Quiz App für Smartphones,

Abstimmung über Bluetooth, Forschungsprojekt

  • Uni Osnabrück
StuReSy (Student Response System) App für Smartphones,

Open Source, Forschungsprojekt, Prototyp-Stadium

  • Uni Hamburg

Mit Hardware

System (inkl. Produkttypen) Produktbild* Im Einsatz z.B. bei
Interactive Voting System ivs_lite_1-149x300.jpg

(Quelle: IVS)

  • TU Clausthal
  • Uni Heidelberg
  • Uni Frankfurt
  • Uni Göttingen
  • Uni Osnabrück
  • Uni Würzburg
mobiTED 00.png

(Quelle: IML)

Keypad Depot (bis Okt. 2011 OptionFinder) voteworks-interact-ars-keypad-small.jpg

(Quelle: Keypad Depot)

  • Berufsakademie Ravensburg
  • Fachhochschule Harz
  • Heinrich-Heine Universität Düsseldorf
  • LMU München
  • JLU Gießen
  • MH Hannover
  • Universität Duisburg-Essen
  • Universität Graz
  • Universität Köln
  • Universität Stuttgart
  • Universität Freiburg
  • Universität Leipzig
  • Universität Jena
PowerVote TED-System
  • Easy TED-System
  • Smart TED-System
powervote2.jpg

(Quelle: PoverVote)

  • Uni Bochum
  • TiHo Hannover
Qwizdom qwisdon_q2.jpg

(Quelle: Qwizdom)

  • JLU Gießen
  • Uni Oldenburg
TurningPoint Student Clicker rf_02_rf2_receiver_226x224.jpg

(Quelle: Turning Technologies)

  • Uni Münster
* Die Produktbilder werden direkt von externen Seiten der Anbieter eingeblendet, die zugehörige Quelle ist jeweils angegeben.

Beispiele

  • Power Blue Classroom Quiz: Abstimmung via Mobiltelefon und Bluetooth an der Uni Osnabrück
  • Einsatz von PowerVote an der TiHo[4]
  • Die Informatik der TH Mittelhessen hat mit ARSnova eine eigene Open Source-Lösung erstellt
  • Beispiele und Einsatzmöglichkeiten im Blog von Derek Bruff

Bewertung

Vorteile

  • Anonymes Abstimmen möglich
  • Zeitnahe Antworten auch bei großen Zuhörerzahlen
  • Eigene Hardware (Smartphones) der Studierenden einbeziehbar

Nachteile

  • I.d.R. kumuliertes Gesamtergebnis, keine individuellen Probleme aufdeckbar
  • Mobile Einheiten sind für jeden Einsatz zu transportieren, auszuteilen und wieder einzusammeln
  • Anschaffung von Hardware verursacht Kosten
  • Wartung der Hardware notwendig (z.B. Batteriewechsel)

Kombination mit weiteren Szenarien

Findet Verwendung bei traditionellen Face-to-Face-Veranstaltungen wie Vorlesungen oder Seminaren.

Weitere Materialien

Literaturnachweise

  1. Gerd Kortemeyer, Peter Riegler: Large-Scale E-Assessments, Prüfungsvor- und -nachbereitung: Erfahrungen aus den USA und aus Deutschland, in: Andrea Back, Peter Baumgartner, Gabi Reinmann, Rolf Schulmeister (Hrsg.): zeitschrift für e-learning – lernkultur und bildungstechnologie, Themenheft E-Assessment, S. 8-22, Studienverlag, Innsbruck, 2010, Abstract
  2. Louis Deslauriers, Ellen Schelew, Carl Wieman: Improved Learning in a Large-Enrollment Physics Class, Science, Vol. 332, Nr. 6031, S. 862-864, 13. Mai 2011, Artikel im Volltext
  3. Eric Mazur: Peer Instruction: A User's Manual, ISBN: 978-0-13565-441-5, Prentice Hall, Upper Saddle River, 1997
  4. Jan P. Ehlers, D. Möbs, J.v.d. Esche, K. Blume, H. Bollwein, M. Halle: Einsatz von formativen, elektronischen Testsystemen in der Präsenzlehre , in: GMS Zeitschrift für Medizinische Ausbildung, 27(4), Doc. 59, Artikel im Volltext

Literatur

  • Derek Bruff: Teaching with Classroom Response Systems: Creating Active Learning Environments, ISBN: 0-47028-893-0, Jossey Bass, San Francisco, 2009
  • Jan P. Ehlers, M. Kaske, A. Tipold, H. Bollwein: Einsatz von Feedbacksystemen in Präsenzveranstaltungen, in Kompetenzzentrum eLearning Niedersachsen (Hrsg.): eLearning in Niedersachsen, S. 82-83, 2007
  • Eine umfangreiche Übersicht über Literatur zum Thema ist zu finden unter: http://cft.vanderbilt.edu/docs/classroom-response-system-clickers-bibliography
  • David A. Banks: Audience Response Systems in Higher Education - Applications and Cases, ISBN: 159140947-0, David Banks, University of South Australia, 2006